Faculty of Humanities and Social Sciences
Faculty of Humanities and Social Sciences
UNIverse - Public Research Portal

Professur für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft

Projects & Collaborations

28 found
Show per page
Project cover

Edition Robert Walser (2021-2024)

Research Project  | 8 Project Members

Die Kritische Robert Walser-Ausgabe (KWA) wird seit April 2007 im Verbund zweier Arbeitsgruppen an den Deutschen Seminaren der Universitäten Basel und Zürich erarbeitet und soll 2032 abgeschlossen sein. Sie erschliesst erstmals das gesamte Werk Robert Walsers nach historisch-kritischen Prinzipien und macht es als online-zugängliche Verbindung von Buch-Ausgabe (E-Book) und elektronischer Editionskomponente (KWAe online) sowie als Print-Ausgabe zugänglich. Die Ausgabe steht für den Open Access zur Verfügung. Das Editionskonzept unterscheidet sich von den bestehenden Ausgaben durch die systematische Dokumentation der Materialität und der Medialität von Walsers schriftstellerischer Produktion. Die Ausgabe gliedert sich in 6 Abteilungen mit insgesamt 46 Bänden. In den Abteilungen I-III werden Robert Walsers Buchpublikationen nach den Erstausgaben herausgegeben und die publizistisch weit zerstreute Kleine Prosa, die den Grossteil des veröffentlichten Werks bildet, nach den Publikationszusammenhängen der Erstdrucke in den verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen ediert. In den Abteilungen IV-VI werden sämtliche Handschriften in ihren originalen Niederschriftzusammenhängen faksimiliert und in Umschriften wiedergegeben. Walsers schriftstellerische Arbeitsweise, für die die handschriftliche Produktion von tragender Bedeutung war, wird damit für neue Fragestellungen erschlossen. Das gilt für die veröffentlichten und unveröffentlichten Manuskripte wie auch in besonderer Weise für die mikrographischen Niederschriften. Die Abteilung VII ist den für die Publikationsgeschichte von Walsers Büchern wichtigen Briefwechseln vorbehalten. Sie wird erst nach Abschluss der Werk-Bände realisiert. In Abt. VIII werden die zeitgenössischen Rezensionen erschlossen.

Project cover

Kritische Robert Walser-Ausgabe (3)

Research Project  | 9 Project Members

Die Kritische Robert Walser-Ausgabe (KWA) ist als Verbindung von print-Ausgabe und elektronischer Edition angelegt und gliedert sich in 8 Abteilungen mit insgesamt ca. 48 Bänden. Ihre Konzeption entspringt dem Grundgedanken, Walsers Werk in der strukturierten Bewahrung des Textträgerprinzips und damit in der Weise seines Ersterscheinens zu dokumentieren. In den Anteilungen I-III werden sämtliche Buchpublikationen nach den Erstausgaben herausgegeben und die publizistisch weit zerstreute Kleine Prosa, die den Grossteil des veröffentlichten Werks bildet, nach den Publikationszusammenhängen der Erstdrucke in den verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen ediert. In den Abteilungen IV-VI werden sämtliche Handschriften in ihren originalen Niederschriftzusammenhängen faksimiliert und in Umschriften wiedergegeben. Die KWA wird in einem Verbund zweier Arbeitsgruppen erarbeitet, die den Deutschen Seminaren der Universitäten Basel (Abt. I-III: Gedruckte Texte) und Zürich (Abt. IV-VI: Handschriften) angegliedert sind. Diese Arbeitsgruppen sind in der koordinierten Erarbeitung der elektronischen Edition verbunden.

Project cover

Kleine Kulturgeschichte des Scheintods

Research Project  | 1 Project Members

In Abständen, die in ihrer Unregelmäßigkeit schon fast wieder regelmäßig zu nennen wären, durchgeistern Meldungen die Medien, in denen oft sensationslüstern davon berichtet wird, dass Totgeglaubte plötzlich wiederauflebten. Geschichten vom unsicheren, von einem nur scheinbaren Tod, die es fallweise nötig machen, dass ausgestellte Todesdiagnosen dramatisch revidiert werden müssen, zirkulieren, wie dieses Projekt zeigen möchte, seit jeher. Narrative von zurückkehrenden Toten, ›Scheintod-Narrative‹ sind Ort einer ganz basalen gesellschaftlichen Selbstverständigung: Was sich jenseits des Todes befindet, ist unter gewöhnlichen Umständen nicht diskursivierbar, nicht kommunizierbar und nicht im eigentlichen Sinne ›wissbar‹. In Scheintod-Narrativen wird diese Grenze kollektiv-imaginär überschritten; die Erzählungen bestätigen ihre Undurchdringlichkeit - die letztgültige Unsagbarkeit, Unverhandelbarkeit und Unvorstellbarkeit des Todes - gerade darin, dass sie eine Ausnahme öffentlich zur Sprache bringen und deren singuläre Unerhörtheit novellistisch (heute mitunter: boulevardesk) betonen. Der positivistische Wille zum Wissen auch über die ›letzten Dinge‹ wird durch diese kulturell tradierten und immer wieder neu (und essenziell immer wieder als neu ) erzählten Geschichten herausgefordert.

Project cover

Der Raub der Proserpina. Gewalt- und Geschlechtergeschichte einer mythischen Figuration

Research Project  | 2 Project Members

Die Dissertation untersucht ein lateinisch- und deutschsprachiges Textkorpus zum Raub der Proserpina von der Antike bis in die Moderne. Der Proserpina-Stoff bietet ein breites semantisches Potential: Raub, Fruchtbarkeit, Leben und Tod; Jungfräulichkeit, Initiation in die Rolle der erwachsenen Frau und Heirat; rhythmisierter Wechsel zwischen Ober- und Unterwelt. Aus der Analyse des narrativen Mythenkerns werden drei Diskursfelder abgeleitet: 1) Raptus Proserpinae: der zwischen Raub und Heirat angesiedelte Raptus und die ihm inhärente, intensiv mit Geschlechter-Fragen verwobene Erscheinungsweise von Gewalt, 2) Relatio matris: die Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Ceres und Proserpina sowie 3) Apud inferos: Proserpinas Aufenthalt in der Unterwelt. Diese Diskursfelder sind methodisch auf epochenübergreifende Problematiken und Konfigurationen zugeschnitten. In systematischer Vorgehensweise können so drei für die mythische Proserpina-Figuration relevante Konstituenten herausgearbeitet und im Sinne der jüngeren Mythen-Rezeptionsforschung in ihrer fortwirkenden Produktivität und intrinsischen Dynamik entfaltet werden. Innerhalb der genannten Untersuchungsfelder werden die diachron herangezogenen Texte mit ihren je zeitgenössischen Kontexten, Bedingungs- und Wirkungsverhältnissen in Beziehung gesetzt.

Project cover

Hofmannsthals Turm-Dramen

Research Project  | 2 Project Members

V om 4. bis 6. September 2014 findet an der Universität Basel in Kooperation mit der Universität Zürich die 18. Internationale Tagung der Hugo von Hofmannsthal-Gesellschaft statt. Die Tagung widmet sich dem späten Drama " Der Turm" , an dem Hofmannsthal vor allem in den zwanziger Jahren gearbeitet hat, dessen Entstehungsgeschichte aber bis 1901 zurückreicht. Hofmannsthal sah in der Vollendung dieses Trauerspiels seine wichtigste, allerdings auch schwierigste Aufgabe. Der monumentale, aber formal zerklüftete Werkkomplex, dessen mühevoller Entstehungsprozess zu drei unterschiedlichen Fassungen geführt hat, kann als Hofmannsthals Antwort auf die Krise politischer Herrschaft gelten und als Versuch, zur kulturellen Erneuerung nach dem Weltkrieg beizutragen. Damit weist das Trauerspiel auch vielfache Berührungspunkte zum diesjährigen Gedenkjahr 1914 auf.

Project cover

Sekundäre Literalität. Widerständige Konfigurationen der Schrift nach 1945

Research Project  | 1 Project Members

Schrift, ein Schlüsselthema der Geisteswissenschaften und unbestritten das primäre Medium von Literatur, bleibt trotz des »Medial Turn« der Kulturwissenschaften konzeptionell unterbestimmt. Das unlängst wieder intensivierte, interdisziplinäre Nachdenken über Schrift nicht nur als Forschungsgegenstand, sondern vor allem auch über Schriftlichkeit als Bedingung der Möglichkeit einer Vielzahl von kulturellen (nicht nur kommunikativen) Praktiken, vermochte augenfällig werden zu lassen, dass die philosophischen, linguistischen, kultur- und medienwissenschaftlichen Begrifflichkeiten und Phänomenalitäten von Schrift kaum in einem einheitlichen Paradigma zu fassen sind. Ästhetische Praktiken können die Eigenschaft haben, herkömmliche, im Alltag vorherrschende Konzepte zu irritieren, zu verstören und produktiv zu verunsichern. Genau hier setzt das Projekt Sekundäre Literalität. Widerständige Konfigurationen der Schrift ein, indem es Schrift auf dieser basalen Ebene analysiert und so neu und präzise als Modus und Medium literarischer Sprache konturiert. Programmatische Alienationserfahrungen gegenüber vermeintlichen Selbstverständlichkeiten der Schrift, insbesondere ihrer friktionsfreien Rückübersetzung in das Mündliche, stehen entsprechend im Zentrum der Untersuchung. Das Projekt leistet insofern literatur- und kulturwissenschaftliche Grundlagenforschung, als es ganz basale und strukturelle Bedingungen literarischer Kommunikation in Einzelstudien offenzulegen verspricht. Da sich plausibel argumentieren lässt, dass Literatur in Bezug auf ihre Schriftmedialität auf die Konkurrenz durch aufkommende Massenmedien mündlicher Kommunikation mit intensivierter Kreativität reagiert, bildet (nicht alleine deutschsprachige) Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg den Gegenstand des Forschungsprojekts, aus dem eine monographische Habilitationsschrift entstehen wird.

Project cover

Die postromantische Konfiguration des Gewöhnlichen

Research Project  | 1 Project Members

Das Projekt zur "postromantischen Konfiguration des Gewöhnlichen" fragt nach dem Zusammenhang zwischen der Entwicklung ästhetischer Gewöhnlichkeits-Konzepte und modernistischen Schreibweisen im 19. Jahrhundert und deren Wirkung im 20. Jahrhundert und der Gegenwart. Die literaturgeschichtliche Prämisse stellt die Begriffsgenese in der Romantik dar, welche Prozesse der Standardisierung und Normalisierung unter dem Begriff des "Gewöhnlichen" subsumieren und somit dieses "Gewöhnliche" in der ästhetischen Konfiguration gleichermassen postulieren wie kritisieren. Der Ausgangspunkt der Analyse der Primärtexte ist die Umwertung des "Gewöhnlichen" vom ästhetischen (polemisch-schematischen) "Gegen-Begriff" in der Romantik zum poetologischen Reflexionsbegriff in hoch- und nachromantischen Literaturen. Den Untersuchungsgegenstand bilden vier Prosatexte aus dem 19. Jahrhundert, welche an der Figur des Sonderlings das Verhältnis von individueller und gesellschaftlicher Gewohnheit verhandeln, die unter den Vorzeichen des postromantischen Diskurses um den Komplex gewöhnlich/gewohnt zur poetologischen Reflexionsfigur avanciert. Hier knüpft die Arbeit an aktuelle subjekttheoretische und kulturwissenschaftliche Debatten zur Unhintergehbarkeit von "zweiter Natur" an und eruiert, wie weit gerade der Sonderlingstypus als Reflexionsfigur dieser Problematik taugt. Dabei schliesst das Projekt an phänomenologische Überlegungen zur Erfahrung der Evidenz von Stimmungen des Gewöhnlichen und der diesem Komplex inhärenten Aporie der Unterscheidbarkeit von "Eigenem" und "Fremdem" an. Im Zentrum steht dabei immer die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Verhältnis der diegetischen Ebene - der Auswahl von Umständen und Gegebenheiten, die als gewöhnlich profiliert werden, sowie die jeweilige Figurenkonzeption, welche Gewohnheitsmechanismen exponiert - und der poetologischen Strategie, mit welcher der entsprechende Text das "Gewöhnliche" konturiert. Phänomenologische Überlegungen zu Evidenz von Stimmungen des Gewöhnlichen und zum Aufbau der "Lebenswelt" werden hierzu mit narratologischen Theoremen zur Darstellung von Räumen des Gewöhnlichen in der durch die Literatur erzeugten Spannung von "Fiktion" und "Imagination" mit dem Ziel verbunden, die postromantische Konfiguration des Gewöhnlichen auf ihre Wirkungskraft für dezidiert modernistische Prosa über die Schwelle zum 20. Jahrhundert hinaus zu prüfen. In der Frage nach der Relevanz der Gewohnheits- und Gewöhnlichkeitstypologie des 19. Jahrhunderts für modernistische Prosa ab der Jahrhundertwende stehen sich zwei Hypothesen gegenüber: Walter Benjamins Überlegungen gemäss haben sich die Gewohnheitstopoi der "Wohnsucht" des 19. Jahrhunderts mit der Abkehr vom Gewohnten und der stärkeren Gewichtung immer flexiblerer Gewöhnungsdynamiken erledigt. Dem steht epochal verschoben die These Richard Sennetts gegenüber, wonach bereits die Gewohnheitsphantasmen des 19. Jahrhunderts eine Reaktion auf die zunehmende Flexibilisierung des Menschen in der Moderne darstellen. Folgt man letzterer Auffassung, so erschöpft sich die poetologische Reflexionskraft in der Regressionsmotivik der Gewohnheits-Figuren des 19. Jahrhunderts nicht, sondern weist vielmehr auf eine subkutane Kontinuität, in welchen diese Poetiken um den Komplex Gewöhnlichkeit/Gewohnheit des 19. Jahrhunderts zu solchen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart stehen, was schlaglichthafte Vorausblicke auf modernistische Prosatexte etwa von Robert Walser und Thomas Bernhard exemplifizieren.

Project cover

Prekäres Erzählen bei Robert Walser

Research Project  | 1 Project Members

Lead Robert Walser ist einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Das Projekt "Prekäres Erzählen" stellt den Aspekt des Erzählens im Werk Walsers ins Zentrum. Daraus wird eine Theorie des grenzwertigen "prekären Erzählens" entwickelt, die an anderen Autoren (Kafka, Musil) erprobt und verfeinert wird. Hintergrund Was heisst "erzählen"? Dafür sind in der Literatur, der Literaturwissenschaft, der Philosophie und in anderen Disziplinen viele Antworten gegeben worden. Aristoteles definiert es als etwas, das Anfang, Mitte und Ende hat. Diese Idee wird im Strukturalismus verfeinert zu einem Verständnis von Erzählung als ein in sich geschlossenes Ganzes, das aus auf spezifische Art und Weise verknüpften Sequenzen, sprich Handlungen, besteht. Daneben gibt es in der Literaturwissenschaft die Ansicht, das Erzählerische komme erst durch eine bestimmte Vermittlung zustande, die vom Erzähler gewährleistet würde. Ein jüngere, kognitivistische Richtung behauptet, dass Erzählung erst im Kopf des Lesers entsteht. All diesen Theorien ist gemeinsam, dass sie ein Erzählen, das sich gerade durch seine narrative Grenzwertigkeit auszeichnet, als in einem gewissen Sinn defizitär thematisieren müssen. Das Projekt "Prekäres Erzählen" versucht dagegen gerade, die Grenzwertigkeit des Walserschen Erzählens als genuine Form der Narration zu begreifen, die das Erzählen selbst wiederum reflektiert. Dieses "prekäre Erzählen" lässt sich charakterisieren als ein Erzählen, das sich weniger durch miteinander verknüpfte Ereignisse auszeichnet, als durch performativ konstruierte Ereignisse. Diese narrative Technik führt zu "Widersprüchen" im Text und entlarvt durch ihren Konstruktionscharakter die Inszenierung von Erzählung. Wie sich diese Techniken adäquat theoretisieren lassen, steht im Zentrum der Dissertation. Ziel und Bedeutung Das Projekt hat wesentlich zwei Ziele. Zum einen soll ein präziser Begriff des prekären Erzählens erarbeitet werden, der in der Analyse und Interpretation von prekär erzählten bzw. erzählenden Texten zu einem klareren und differenzierteren Verstehen führt. Zum anderen sollen bei Robert Walser narratologische Aspekte beleuchtet werden, die bisher vergleichsweise wenig Beachtung fanden.

Project cover

Edition Walter Benjamin Autobiogr. Schriften

Research Project  | 1 Project Members

Erstmalig versammelt die neue Kritische Gesamtausgabe sämtliche Werke und den vollständigen Nachlaß Walter Benjamins. Präsentiert werden die Schriften in einer übersichtlichen Form, indem die zu Lebzeiten erschienenen Bücher und die geplanten, aber Fragment gebliebenen Schriften jeweils in einem einheitlichen Band erscheinen, der auch sämtliche Vorfassungen, Notizen, Skizzen und Entwürfe sowie wichtige Dokumente des Kontextes und der Rezeption mit enthält. Bei dem am Deutschen Seminar der Universität Basel bearbeiteten Band 15 handelt es sich im Textbestand um bislang nur teilweise (und in revisionsbedürftiger Form) publiziertes Material, das sowohl quellenkritisch wie auch textgenetisch noch unzulänglich erschlossen ist. Der Band wird Benjamins Autobiographische Schriften und Protokolle zu Drogenversuchen (im folgenden abgekürzt: Autobiographische Schriften) im geschichtlichen, politischen und künstlerischen Kontext des Gesamtwerks und der Persönlichkeit Walter Benjamins zusammenhängend darbieten und kommentieren. Kernstück des Bandes ist das sogenannte Moskauer Tagebuch Benjamins, das eine Vielzahl anspielungsreicher, aufklärungsbedürftiger Notate enthält und bislang nur in unzureichenden, mit zahlreichen Entzifferungsfehlern belasteten und spärlich kommentierten Ausgaben vorliegt.

Project cover

Der Homunculus Oeconomicus bei der Arbeit. Produktivität und Männlichkeit in den frühen Erzähltexten Thomas Manns

Research Project  | 2 Project Members

Der Begriff des Homo oeconomicus hat eine vielschichtige historische, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Entwicklung durchlaufen. Während einschlägige Autoren um 1900 den 'Wirtschaftsmenschen' als Idealtypus des nutzenmaximierenden Subjekts imaginieren, das stets auf den eigenen ökonomischen Vorteil bedacht, jede Handlung - einer Rechenmaschine gleich - mit 'wirtschaftlichem Verstande' abmisst, beschreibt das Modell in den neueren Wirtschaftswissenschaften weniger eine Metapher menschlichen Individualverhaltens als vielmehr ein heuristisches Erklärungskonzept für makroökonomische Phänomene. In dem literarische Pendant eines 'Wirtschaftsmenschen' - als idealtypischer Terminus Technicus - scheinen sich die Semantiken des Produktivitätsdiskurses um 1900 zu verdichten. Der Homo oeconomicus soll in diesem Sinne als Analysefolie für die Mannschen Erzähltexte dienen: Wie reagiert die Literatur auf diesen Diskurs? Werden die Kontexte durch die Erzählstruktur, die Konzeption literarischer Räume oder durch die Figurenbeschreibungen ironisch gebrochen? Hans Castorp, Christian Buddenbrook, Felix Krull und Siegmund Aarenhold sind Beispiele aus Thomas Manns Figurenarsenal, die an den zeitgenössischen Produktivitätsdiskursen scheitern. Jene 'Faulpelze', 'Tunichtgute' und 'Betrüger' geben sich einem 'demonstrativen Müßiggang' hin, anstatt produktive Arbeit im Sinne der Wirtschaft zu leisten. Gleichermaßen widersprechen sie zeitgenössischen Genderzuschreibungen, was auf eine diskursive Verschränkung von Arbeit und Männlichkeit hindeutet. Ferner werden, im Gegensatz zu eben jenen 'Homunculi', wirtschaftlich erfolgreiche 'Potenz-Figuren' entworfen, die einerseits die an sie gestellten ökonomischen Anforderungen erfüllen, andererseits aber ebenfalls defizitäre Merkmale aufweisen. So werden mit ihnen u.a. antisemitische Stereotype verbunden, die dem um 1900 entworfenen Typus des erfolgreichen 'jüdischen Parvenüs' entsprechen. In diesem Zusammenhang wird ein besonderes Augenmerk auf die von Werner Sombart propagierte 'semitische Gärungstheorie' sowie auf seine Ausführungen zum 'kapitalistischen Unternehmer' gerichtet. Die Dissertation wird - einem diskursanalytischen Verfahren folgend - die Mannschen Erzähltexte auf die ästhetische Konzeption von Produktivität und Gender hin befragen sowie verschiedene Produktivitätsdiskurse einschlägiger Autoren um 1900 aufgreifen und historisch kontextualisieren. Der Diskurskomplex Produktivität/ Effektivität/ Arbeit entfaltet bis heute eine spezifische gesellschaftsformende Dynamik, so dass es nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen Krise lohnend erscheint, ihn unter einer historischen Perspektive näher zu beleuchten.