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Prof. Dr. Martin Lengwiler

Department of History
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Soziale Argumente bei der Expansion der Sekundarstufe II in den Kantonen Thurgau und Basel-Stadt von 1960 bis 1980.

PhD Project  | 4 Project Members

Gegenstand des Dissertationsprojekts und theoretische Verankerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die westliche Welt einen Wirtschaftsboom, der eine Verschiebung der Wirtschaftsstruktur und eine erhöhte Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zur Folge hatte. In der Schweiz reagierte das Bildungssystem darauf mit einer Expansion der Sekundarstufe II (SEK II) (Gymnasien, duale Lehre, Berufsausbildung in Vollzeitschulen, Pädagogische Seminare und Fachmittelschulen, usw.). Diese Expansion wurde ab den 1960er Jahren neben wirtschaftlichen Argumentationslinien zunehmend auch sozialpolitisch diskutiert («Chancengleichheit». «Demokratisierung der Bildung») (Hess et al., 1966; Lamprecht & Stamm, 1996).

Mein Forschungsvorhaben baut auf bestehenden Arbeiten zur Geschichte der Schweizer Allgemein- und Berufsbildung der SEK II auf (Bauder & Osterwalder, 2008; Berner & Bonoli, 2019; Bonoli & Eigenmann, 2021; Criblez, 2001, 2002, 2008; Gonon, 2010). Die Expansion wird oft als Mittel zur wirtschaftlichen Nachwuchsförderung und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit erklärt. Eine Analyse des Ausbaus der SEK II zwischen 1960 und 1980 mit dem Fokus auf sozialpolitische Argumente fehlt jedoch bisher. Ziel dieser Arbeit ist es, zunächst die Entwicklung bzw. den Ausbau der Berufs- und Allgemeinbildung in den beiden Kantonen zu rekonstruieren, um daran anschliessend zu fragen, welche sozialpolitischen Argumente von welchen Akteuren verwendet wurden und welche Personengruppen von den erweiterten Bildungsangeboten profitieren sollten. Dies ist wichtig, um Begründungsmuster zu differenzieren und eine mögliche Zirkulation von Argumenten aufzuzeigen, was auch zum heutigen Verständnis von Begriffen wie «Chancengleichheit» beitragen kann.

Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, welche Akteure (EDK, Verband Gymnasiallehrer, Gewerbeverbände, Expertenkommissionen, Interessensverbände) die kantonale Bildungspolitik beeinflussten und mit welchen Argumenten sie ihre Positionen legitimierten. Da die Berufsbildung auf Entwicklungen in der gymnasialen Bildung reagierte, erfordert die Untersuchung eine Kombination beider Perspektiven, um die Interaktionen herauszuarbeiten.

Untersucht werden die Kantone Thurgau und Basel-Stadt, die sich in zentralen Merkmalen. unterscheiden (wirtschaftliche Entwicklung, politische Struktur, Bildungsangebot auf der Tertiärstufe, etc). Hinsichtlich der Bildungsabschlüsse (Matur, Lehrabschluss) zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen. Beide Kantone bauten jedoch im Untersuchungszeitraum ihre gymnasiale Bildung aus, was spannende Vergleiche und Analysen ermöglicht. Diese beiden Kantone sind ausserdem noch wenig erforscht (Bonoli & Vorpe, 2022; Gonon & Freidorfer-Kabashi, 2022).

Das Promotionsvorhaben ist Teil des SNF-Projekts «Soziale Argumente der Expansion der Sekundarstufe II in der Schweiz 1960 bis 1980. Debatten, Entscheidungen, Auswirkungen und Spezifitäten auf kantonaler Ebene (EvoSEC)». Das Projekt untersucht fünf Kantone: Basel-Stadt, Freiburg, Tessin, Thurgau und Waadt. Die Arbeit im Projektteam ermöglicht eine Ressourcenteilung sowie eine breitere Auseinandersetzung mit den Ergebnissen.

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“Efficiency vs. Equality ? The Political Economy of Argentine Public Health in a Transnational Context (1920s-1980s)” (working title)

PhD Project  | 2 Project Members

From the 1920s to the 1980s, Argentina evolved from a pioneering force in public health and a prominent Keynesian welfare state in Latin America to embracing neoliberal health policies from the mid-1970s onwards, with these changes becoming more entrenched during the 1980s debt crisis and the rise of influential international financial institutions. This transition, shaped by both global economic and social trends as well as domestic factors, led to the dismantling of Argentina’s social security network and the fragmentation of its mixed welfare economy, leaving lasting impacts on its healthcare landscape.

This project examines Argentina’s evolution in public health policy within a transnational context, emphasizing its role as an early participant in international health organizations. It investigates how Argentina navigated between efficiency- and equity-driven approaches in public health across various political regimes and shifting international paradigms. Despite existing studies on Argentina's interactions with entities like the Rockefeller Foundation, the ILO and the WHO, there remains a need to understand the local political and social appropriations of international discussions as well as the role of Latin American actors in shaping global health discourse from a long-term perspective.

This study will consider not only regional and international organizations but also a diverse range of stakeholders, including health professionnals, academics, policymakers, as well as both native and immigrant workers, and the pharmaceutical industry. It will occasionnally compare Argentina with other Latin American countries, such as Mexico, Brazil, Chile, and Uruguay, to highlight how Argentina's unique factors—such as its labor movement and immigration patterns—have influenced its public health strategies in distinct ways. Furthermore, it will explore how Argentine actors have, in turn, contributed to international and regional public health discussions such as rural health, training programmes, healthcare management and financing, as well as disease control.

The study will thus move beyond traditional narratives of U.S. or European influence versus Latin American dependency, exploring the complex interactions between global South and North actors in transnational public health debates and practices through a network analysis of various actors and institutions.

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Heimplatzierungen ins Ausland seit 1945. Von der Wiederaufbau- zur «Entwicklungshilfe»

PhD Project  | 1 Project Members

Die Geschichte ausserfamiliären Aufwachsens erhielt in den letzten beiden Jahrzehnten breite Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Forschung. Gross angelegte Forschungsprojekte widmen sich der Aufarbeitung dieser oft von Zwang und Gewalt begleiteten Geschichten. Wenig Beachtung fanden bislang jene Initiativen, in denen Kinder über Landesgrenzen hinweg in Erziehungsheimen untergebracht wurden. Solche Fälle sind im Vergleich zu binnenstaatlichen Heimplatzierungen nicht nur behördlich-administrativ und juristisch anders gelagert, sondern entfalten auch auf der Ebene der Betroffenen eine besondere Bedeutung, wenn sich diese als Kinder mit einer neuen soziokulturellen Umgebung konfrontiert sahen.

Darüber hinaus erscheinen Heimplatzierungen ins Ausland gegenüber Auslandsadoptionen, bei denen Kinder dauerhaft in einer neuen Familienkonstellation leben, auf den ersten Blick als weniger einschneidend. Bei einer Heimplatzierung verbleibt das Sorgerecht bei Angehörigen oder den Behörden aus dem Herkunftsland der Kinder. Eine Rückkehr ist somit juristisch möglich und konzeptuell vorgesehen. Trotz der unterschiedlichen Ausgangslagen beider Formen des Aufwachsens ausserhalb der Herkunftsfamilien im Ausland zeigen sich in der Praxis viele Parallelen. Sowohl Adoptions- als auch Heimunterbringungen ins Ausland können zur Desintegration und Abspaltung vom sozialen Umfeld und zu Identitäts- und Zugehörigkeitskonflikten führen. Das Dissertationsvorhaben wird deswegen an der Schnittstelle zwischen den Aufarbeitungsbemühungen der Heimgeschichte und der Geschichte von Auslandsadoptionen angesiedelt und möchte die beiden Forschungsfelder produktiv miteinander in Verbindung setzen.

Um Heimplatzierungen in der internationalen Kinderhilfe nach 1945 zu untersuchen, dienen die sogenannten Kinderdörfer Pestalozzi als Fallbeispiele. Dabei handelte es sich um eine nach dem Zweiten Weltkrieg in mehreren europäischen Ländern neue Form der Heimpflege für (Waisen-)Kinder. Die Studie eröffnet in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit der Frage nach der geeigneten Fürsorge und Unterbringung der vielen durch den Zweiten Weltkrieg Krieg obdach- und familienlos gewordenen Kindern. Mehrmonatige Erholungsaufenthalte für kriegsgeschädigte Kinder etablieren sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der humanitären Hilfe. Durch mehrjährige Heimplatzierungen von Kindern – ursprünglich aus europäischen und ab 1960 auch aus aussereuropäischen Ländern – eröffneten die Kinderdörfer Pestalozzi hingegen ein neues Feld humanitärer Interventionen.

Über die Funktionsweisen und Argumentarien von Heimplatzierungen ins Ausland ist bisher wenig bekannt. Die Fragestellung der Dissertation beleuchtet deswegen die Prozesse und Logiken bei der Suche und Aufnahme von Kindern in den Herkunftsländern, nach der Fremdplatzierungspraxis in einem (west-)europäischen Aufnahmeland und die oft konfliktbeladenen Rückkehrprozesse nach der Beendigung eines Pflegeverhältnisses. Anhand von Interviews zielt die Arbeit darauf ab, eine Betroffenenperspektive aufzunehmen, die in den archivierten Unterlagen weitgehend unsichtbar bleibt und in der bislang publizierten Forschung zu den internationalen Kinderdörfern übersehen wurde.

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Bewegte Presse. Frauenseiten schweizerischer Tageszeitungen als Verhandlungsraum früher feministischer Debatten, 1928-1958

PhD Project  | 2 Project Members

Das Dissertationsvorhaben untersucht anknüpfend an die internationale Forschung aus geschlechter- und mediengeschichtlicher Perspektive, inwiefern frühe Journalistinnen Frauenseiten für die Problematisierung respektive Politisierung frauen- und geschlechterspezifischer Themen oder gar für die Verbreitung feministischer Forderungen nutzten und so letztlich Bewegungs- und Tagespresse miteinander verflochten. Sie sind die Akteurinnen eines bedeutenden feministischen Aufbruchs vor der Zäsur von 1968, den es am Fallbeispiel Schweiz erstmals eingehender zu erforschen gilt. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von den späten 1920er-Jahren bis ans Ende der 1950er-Jahre und schliesst so mit den beiden Ausgaben der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) von 1928 und 1958 in Bern respektive Zürich zwei zentrale Ereignisse in der Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung ein. Das Projekt berücksichtigt die deutsch- und französischsprachige Schweiz und setzt einen Schwerpunkt auf die bürgerliche Presselandschaft. Analysiert werden Frauenseiten von insgesamt drei schweizerischen Tageszeitungen: Es handelt sich hierbei um die Basler National-Zeitung , den Berner Bund und die Tribune de Genève . Sie alle publizierten im gewählten Untersuchungszeitraum überwiegend einmal wöchentlich Frauenseiten. Für deren Erstellung wurden zudem Journalistinnen beschäftigt, die als Frauen Pionierarbeit bei der Tagespresse geleistet und sich im Kontext der Frauenbewegung engagiert haben. Ausgehend von diesem diskurs- und geschlechtergeschichtlichen Erkenntnisinteresse werden einerseits Journalistinnen der ersten Stunde mit Hilfe eines akteurinnenzentrierten Ansatzes greifbarer gemacht. Im Rahmen einer Inhaltsanalyse bisher wenig beachteter Beiträge auf Frauenseiten werden andererseits frühe feministische Debatten herausgearbeitet und einander vergleichend gegenübergestellt. Mit seinem Anspruch, die Tagespresse als frauenbewegten Verhandlungsraum wahrzunehmen, ergründet das Projekt die Rolle von Journalistinnen im Kontext der schweizerischen Frauenbewegung näher und trägt zugleich zu einem erweiterten Verständnis feministischer Publizistik aus dem 20. Jahrhundert bei.

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Die Armenfürsorge in der Schweiz, Deutschland und England zwischen Malthusianismus und Sozialdarwinismus (1870-1933)

PhD Project  | 2 Project Members

In Debatten um Sozialhilfe geht es epochenübergreifend um die Frage, wer als unterstützungswürdig gilt, wessen Anspruch auf Almosen, Armenfürsorge oder Sozialhilfe als legitim betrachtet wird. Die Semantiken, mit denen Fürsorgeansprüche dabei legitimiert oder deligimitmiert wurden, veränderten sich in Westeuropa gerade in der Zeit des späten 19. Jahrhunderts und frühen 20. Jahrhunderts. Das Dissertationsvorhaben untersucht deshalb den Einfluss von malthusianischen und sozialdarwinistischen Vorstellungen auf Diskurs und Praxis der Armenfürsorge in Deutschland, England und der Schweiz zwischen 1870 und 1933. Dieser Untersuchungszeitraum spiegelt die Periode zunehmender Verwissenschaftlichung und Professionalisierung der Armenfürsorge wieder. Methodisch ist die Arbeit in der vergleichenden Geschichte angesiedelt, wobei transnationale Zugänge den Vergleich ergänzen. Es wird untersucht, welche politischen, sozialen und kulturellen Faktoren für die Diskurs- und Rezeptionsmuster von Malthusianismus und Sozialdarwinismus in der Armenfürsorge der drei Staaten verantwortlich sind. Hierfür werden makrohistorische und mikrohistorische Methoden kombiniert: Diskurs und Praxis der Armenfürsorge werden aus vier Perspektiven betrachtet: zwei "von oben", von Seiten der Wissenschaft und Politik; zwei "von unten", von Seiten der lokalen Beamten und Armenfürsorgeempfänger. Letztere wird in Mikrostudien in Oberschlesien, im Aargau und im Black Country vertieft untersucht. Als Quellen sollen Personenakten von Fürsorgebehörden, Egodokumente der Fürsorgeempfänger, Zeitschriften und Tagungsschriften von Armenpflegevereinen genutzt werden. So soll der Einfluss transnationaler Verflechtungen und Diskurse auf das Individuum sichtbar gemacht werden, welches gleichzeitig die Agency hat, Freiräume in der lokalen Praxis der Armenfürsorge auszuhandeln. Die Dissertation will so das Spannungsverhältnis zwischen großer transnationaler Entwicklung und kleinräumiger lokaler Auswirkung beleuchten und die Frage aufwerfen, wie "groß" oder "klein" Sozialstaatsgeschichte gedacht werden muss.

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"Die lästigen Fremden" Der Diskurs um Bürger- und Niederlassungsrecht in Basel – ein Angelpunkt der politischen Auseinandersetzungen in der Mediations- und Restaurationszeit (1803-1848)

PhD Project  | 3 Project Members

Die sog. „Sattelzeit“ – die Periode von ca. 1750-1850 – zeigt sich in verschiedener Hinsicht bestimmt von konfliktreichen Übergangsphänomenen. Diese werden im vorliegenden Projekt untersucht an einem konkreten Gegenstand, dem Bürger- und Fremdenrecht in Basel. Hier – so die Hypothese – wirkte sich das Spannungsverhältnis zwischen transnationalem Veränderungsdruck der Rechtssysteme und dem Beharrungsvermögen kleinräumlicher traditionaler Strukturen markanter aus als in straffer organisierten monarchischen Flächenstaaten. Die Untersuchung setzt ein mit dem revolutionären Umbruch der Helvetik 1798 und umfasst die Zeitspanne der Restauration nach 1803 bzw. 1815 bis zur Kantonstrennung 1833, die eine für die Stadt Basel einschneidende Zäsur bedeutete. Auf kleinem Raum machen sich hier für die Zeit charakteristische antagonistische Tendenzen bemerkbar: traditionale zünftische Besitzstandwahrung kontra innovationsoffenere ökonomische Handelsinteressen; traditionales korporatives Stadt- bzw. Gemeindebürgerrecht kontra modernes gleiches Bürgerrecht innerhalb eines geschlossenen Staatsverbandes, wie es in der Helvetik für kurze Zeit Programm gewesen war.

Die Entwicklung des rechtlichen und substantiellen Bürgerrechtskonzepts in Basel ist dabei im Zusammenhang mit der europäischen Rechtsentwicklung zu betrachten. Das Bürgerrecht definiert nicht nur den rechtlichen Status des Bürgers, sondern durch die Verleihung von politischen Rechten auch seine Wirkung im politischen System und damit der Grad politischer und sozialer Partizipation. Das Bürgerrecht steht damit an der Schnittstelle zwischen Politik und Recht. Weitere Überschneidungen werden sich zu den Themenkomplexen Migration, Inklusion und Exklusion, wechselnde Definitionen von und der Umgang mit «Fremden» sowie zur Rechtslage der Geschlechter ergeben.

Hauptgrundlage für die Arbeit ist die Analyse der Gesetze und Verordnungen auf Gesamtschweizerischer, Kantons- und Gemeindeebene zum Erwerb und zur Wirkung von Bürgerrecht, aber auch zum Aufenthalt und zur Niederlassung von Nicht-Bürgern sowie zu den Auswirkungen bzw. Wechselwirkungen dieser Rechtsnormen. Die konkrete Umsetzung der Kodifizierung mit ihren rechtspolitischen Intentionen wird anschliessend überprüft durch die qualitative Analyse der Protokolle der kantonalen und städtischen Räte sowie einer quantitativen Auswertung von Bürgerrechtsaufnahmen und der Gewährung von Niederlassungen. Im Staatsarchiv Basel liegt hierzu umfangreiches Aktenmaterial. Ausgewertet wurden von der Forschung bis jetzt bevorzugt die statistisch gut erfassbaren Bestände seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das verwaltungstechnisch weniger normierte Material zu den davorliegenden Jahrzehnten ermöglicht zwar nicht ähnlich umfassende quantitative Ergebnisse, ist aber für Untersuchungen zur administrativen Entwicklung und Praxis von Bürgerrecht und Niederlassung höchst aufschlussreich.

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Zwischen Privileg und Aufklärung. Transnationale (Bildungs-)Biographien schweizerischer Eliten in der Sattelzeit, ca. 1763-1813

PhD Project  | 2 Project Members

Die Umbruchszeit der Aufklärung in der Schweiz, der Helvetischen Revolution und Napoleonischen Mediation werden oft als Vorgeschichte auf die Gründung des Schweizer Bundesstaats 1848 hin erzählt. Überblickswerke handeln Helvetik und Mediation als kurze Intermezzi eher knapp ab – oder klammern sie in Untersuchungen eines kurzen 18. (bis 1798) und kurzen 19. Jahrhunderts (ab 1815) sogar aus. Um jedoch die Übergangszeit zwischen den Jahrhunderten in den Fokus zu rücken und dabei längerfristige Prozesse zu berücksichtigen, die sich den oben genannten Periodisierungen entziehen, ist meine Untersuchung quer zu diesen angelegt: von der Verbreitung aufklärerischer Ideen im Schweizer Bürgertum ab Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur vorläufigen Stabilisierung gemäßigter Reformpolitik im Ausgleich mit den föderalen Kräften der Alten Eidgenossenschaft während der Mediationszeit.

Dadurch kommen über die Epochenschwelle hinweg sichtbar werdende Veränderungsprozesse in den Blick: Implementierungen aufklärerischer Ideen in soziopolitischen Realitäten, ökonomischer Wandel, beschleunigte Mobilität und Kommunikation sowie die Entwicklung einer breiteren gesellschaftlichen Öffentlichkeit verweisen außerdem auf transnationale Bezüge. Aus diesem Grund nimmt mein Projekt die transnationalen Einflüsse und Vernetzungen prägender Akteure der Helvetik und Mediation in den Blick.

Einen Schwerpunkt bildet die Untersuchung der intellektuellen und politischen Sozialisierung reformorientierter Teile der städtischen Elite. Sie erweitert die Geschichte politischer Eliten, aber auch die Ideengeschichte der Aufklärung um Elemente der sozialen Erfahrungsgeschichte und Mentalitätsgeschichte. Welche Einstellungen, Erfahrungen und generationellen Erlebnisse teilten die Söhne der alten Elite, die mit ihren (Bildungs-)Reisen den Ideenkosmos der Schweiz überschritten, in Reformgesellschaften an europäischen Aufklärungsdiskursen teilhatten und während Revolutionszeit, Helvetik und Mediation zu prägenden Akteuren des soziopolitischen Umbruchs wurden? Grenzten sie sich als in eine Aufbruchszeit geborene Generation von den Verteidigern der alten Eidgenossenschaft ab? Wie vernetzten sie sich innerhalb der der föderalen Schweiz und darüber hinaus zu einer politischen Öffentlichkeit, die das arkane Herrschaftswissen und die starren Rekrutierungsmechanismen des Ancien Régime herausforderte. Wie wirkten sich durch (Bildungs-)Reisen und Migration etablierte transnationale Vernetzungen der Reformer im Vergleich mit den alten Seilschaften und Loyalität der ebenfalls überregional und grenzüberschreitend agierenden reaktionären Kräfte durch Helvetik und Mediation hindurch aus?

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A History of insurance in Tanzania and Kenya (20th century)

PhD Project  | 2 Project Members

This proposed project investigates the historical development of modern insurance in East Africa between 1945-1996. British insurers played a significant role in the development of insurance business in the region. They opened up their regional offices in Nairobi and agencies in different parts of East Africa, intentionally to cover settler’s investments and their lives. The insurance agencies of East Africa were the most prominent non-bank financial intermediaries between the 1940s and 1960s. However, there is scanty research on the activities of British insurers in East Africa. This project seeks to examine agencies of imperial-based companies activities in what constitutes today’s Kenya and Tanzania.

The newly independent government in East Africa embarked in economic transformations in the 1960s. In Tanzania, the Government nationalised the insurance business and other economic sectors in 1967. This was done purposely to ensure the state controls over large surpluses from the insurance industry, which had been taken out of Tanzania. Insurance activities were placed under the state-owned insurance company, the National Insurance Corporation of Tanzania Limited (NIC). The Uniformly Government of Kenya ordered all agencies and brokers of foreign-based insurance companies to be locally incorporated, ostensibly, for the local investors’ benefit. The proposed study intends to debate state interventions by using localisation and nationalisation of the insurance industry in post-colonial East Africa.

It should be noted that international organisations such as the United Nations Conference for Trade and Development (UNCTAD) offered training programs and advice on the formation of domestic regulatory frameworks in East Africa. For instance, Kenya’s government requested the United Nations Conference for Trade and Development (UNCTAD) to support the drafting of a law regulating the insurance industry. This project shall dissect space of the United Nations Conference for Trade and Development (UNCTAD) and Role of Africa Re as Africa’s Multilateral Initiative on the development of insurance industry in Kenya and Tanzania during the state’s implementation of privatisation policies in the early 1990s.

The proposed study aims to answer the following questions; how did British insurers expand in East Africa after the First World War? Why localisation and nationalisation as the state’s interventions, transformed the insurance industry in East Africa? How has UNCTAD contributed to the formation of regulatory frameworks and insurance policies in Kenya and Tanzania? To what extent African ways of managing risks hindered the expansion of the insurance industry in East Africa?

Regarding sources, the study will rely on Archival documents from the National Archives of Tanzania and the East Africana section of the University of Dar es Salaam’s Library in Dar es Salaam. Also, Kenya National Archives and Africa Re Nairobi. UNCTAD files will be examined at U.N. Archives. Other sources will be collected from corporate archives such as The Aviva archive in Norwich, the United Kingdom and Britam Insurance Office records in Mombasa, Kenya (formerly was an agent to British American Insurance Company). Some of the government documents will be accessed from the Kenya Insurance Regulatory Authority (KIRA) National Insurance Corporation LTD (Tanzania), Insurance Regulatory Authority and Kenya Deposit Insurance Corporation.

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Der ärztliche Blick auf "Kinder, deren Verhalten nicht ohne weiteres verstanden werden kann". Die Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstationen Stephansburg und Brüschhalte (1921-1975)

PhD Project  | 3 Project Members

In der 1921 eröffneten Zürcher kinder- und jugendpsychiatrischen Beobachtungsstation Stephansburg, der ersten Institution dieser Art in der Schweiz, und ihrer Nachfolgeinstitution Brüschhalde wurden - im Auftrag von Vormundschafts-, Fürsorge-, Armen-, Schul- und Justizbehörden, Ärztinnen und Ärzten, aber auch den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten - Kinder und Jugendliche begutachtet, die im schulischen oder privaten Alltag durch ihr «Verhalten» aufgefallen waren. Diese bis dato noch kaum untersuchte Begutachtungspraxis, die meist mit der Frage nach einer möglichen Fremdplatzierung verbunden war, steht im Zentrum des Dissertationsprojekts. Den Kern des Quellenkorpus' bilden die Fallakten der Stephansburg und der Brüschhalde. Sie werden ergänzt um Publikationen der involvierten Ärztinnen und Ärzte, die Jahresberichte der Institutionen sowie quantitative Auswertungen basierend auf eigenen Erhebungen. Anhand der Diagnosen «Psychopathie», «Neurose» und «Schwachsinn» arbeite ich die Brüche und Kontinuitäten der Begutachtungspraxis heraus. Von einem praxeologischen Ansatz ausgehend sowie unter anderem in Anlehnung an Michel Foucault soll untersucht werden, welchen Normalisierungstechniken die begutachteten Kinder zwischen 1921 und 1975 in den beiden kinderpsychiatrischen Beobachtungsstationen unterworfen waren und inwiefern sich in jenen Jahren normalistische Grenzen verschoben. Ich interessiere mich in meiner Dissertation nicht zuletzt dafür, wie die Diagnosen hergeleitet wurden und wie sich die zugrundeliegenden Konzepte veränderten. Ich frage zudem danach, wie und nach welchen Kriterien die Psychiaterinnen und Psychiater die für die Begutachtung bedeutsame Frage nach der kindlichen - und auch der elterlichen - «Persönlichkeit» beurteilten. Die Dissertation entsteht im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts «Kinderpsychiatrische Expertise und Fremdplatzierung» als Teil des Nationalen Forschungsprogramms NFP76 «Fürsorge und Zwang».