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Allgemeine Ethnologie (Meiu)

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AufWach(s)en im PostMigrantischen Basel

Research Project  | 3 Project Members

Postmigrantische Stadt

Das Leben in Basel ist geprägt durch die Spuren und Erfahrungen mehrerer Generationen von Zuwanderung. Wie in anderen urbanen Räumen werden Grundzüge der postmigrantischen Gesellschaft hier deutlich greifbar: Migration ist sowohl selbstverständlicher Bestandteil des städtischen Lebens und äussert sich unspektakulär in vielfältigen Formen des Zusammenlebens. Zugleich wird Migration unablässig als Problem thematisiert, in der Politik ebenso wie am Arbeitsplatz, in der Schule sowie im Quartier. Und die postmigrantische Stadt fordert gerade junge Menschen auf, sich mit vielfältigen Identitäten auseinanderzusetzen und sich durch Interaktions- und Aushandlungsprozesse ihre je eigenen persönlichen und sozialen Identitäten anzueignen.

Zudem ist die postmigrantische Stadt nicht nur durch Vielfalt und Differenz geprägt, sondern auch durch sozioökonomische Ungleichheiten. Deutlich zeigt sich dies in Daten zur Vermögens- und Einkommensverteilung, aber auch zu schulischen Laufbahnen oder mit Blick auf den Bezug von Sozialleistungen. Die sozialen Ungleichheiten weisen markante sozialräumliche Ausprägungen auf: Die Wohnviertel unterscheiden sich wesentlich in Bezug auf die einschlägigen Indikatoren (von der Sozialhilfequote über die Wohn- und Grünflächen bis zur Gymnasialquote). Entsprechend sollte die Stadt Basel nicht als homogener Raum betrachtet werden, sondern als ein Neben- und Miteinander unterschiedlicher Lebens- und Arbeitswelten.

 

Quartier und Schule

Das Quartier und die Schule stellen für Kinder und Jugendliche die ersten Sozialräume dar, die sie mit zunehmender Autonomie ausserhalb der Familie (oder des Haushalts, des Heims, etc.) erkunden. Es handelt sich für sie um Zwischen- und Übergangsräume, in denen sie Identitäten inszenieren und ausprobieren sowie Erfahrungen mit individueller und kollektiver Raumaneignung sammeln.

Quartier und Schule stehen zudem aus Sicht der Stadtforschung und Stadtentwicklung in einer engen Wechselbeziehung. Dies gilt in Basel insbesondere für die Primarschulen, bei denen es sich um Quartierschulen im eigentlichen Sinne des Wortes handelt. Die allermeisten Kinder besuchen eine Primarschule im Quartier (es sei denn, sie gehen auf eine Privatschule). Zudem sind die Schulhäuser (inkl. umliegende Schulhöfe, Spielplätze etc.) meistens wichtige Quartiertreffpunkte, wo Kinder und Jugendliche auch Freizeit verbringen sowie Eltern und Familien zu Veranstaltungen kommen etc. Die Verbindungen zwischen Schule und Quartier lockern sich zwar mit fortschreitender Schullaufbahn: die Brückenangebote (mit denen sich kein Quartier brüstet, sie werden eher versteckt gehalten), die Sekundar- und Berufsschulen sowie die Gymnasien weisen keinen direkten Quartierbezug auf. Aber es ist davon auszugehen, dass Quartieridentitäten die meisten Schüler:innen auch nach Abschluss der Primarschule prägen und begleiten.

Die Schule ist eine Instanz der sozialen Reproduktion, die Ordnung ins postmigrantische Mosaik des Quartiers bringt. Sie produziert sowohl gute als auch schlechte Schüler:innen; sie diagnostiziert Förderbedarfe, ringt mit Fremdsprachigkeit und problematisiert Integrationsdefizite; sie leitet Selektionsprozesse ein und bereitet auf unterschiedliche Erwerbslaufbahnen vor; sie bringt Eltern dazu umzuziehen oder ihre Kinder in eine Privatschule zu schicken, kurzum: sie (re)produziert Ungleichheiten und bringt Problemgruppen oder «gefährdete» Jugendliche hervor.

Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Schule im Quartier für die Jugendlichen stets präsent ist – und umgekehrt. Allein auf Grund des faktischen Gewichts der Schule im Tagesablauf unter der Woche sowie ihrer Bedeutung für die Lebensentwürfe der Kinder und Jugendlichen nehmen diese auch in der Freizeit, in Alltagsinteraktionen etc. immer wieder Bezug auf die Schule und sind sich der Tatsache bewusst, dass ihre Identität und ihr gesellschaftliches Schicksal wesentlich durch Schulbesuch und Schulerfolg geprägt sind. Umgekehrt schlagen sich Eigenschaften des Quartiers (Sozialstruktur, räumliche Struktur, kulturelle Vielfalt, Arealentwicklungen etc.) unweigerlich im Schulalltag nieder - vom Schulweg über die Pausendynamiken bis zur Sprachenvielfalt und den Förderangeboten (inkl. Zusatzmitteln, die Schulen in benachbarten Quartieren erhalten: Basler Sozialindex) und hinterlassen Spuren in der Schulstatistik.

Unter bestimmten Bedingungen kann das Aufwachsen zum Aufwachen werden: Dann nämlich, wenn Jugendliche sich gesellschaftlicher Strukturen oder politischer Programmatiken bewusstwerden, die sie benachteiligen und ihre Möglichkeiten einschränken. Es ist diesbezüglich davon auszugehen, dass der organisierte politische Protest nur eine Form des Widerstands ist (und nicht unbedingt die am meisten verbreitete Form), die aufgeweckte Jugendliche ergreifen können. Mindestens so populär dürften ironische und parodistische Praktiken sein oder die ostentative Hinwendung zu von der (dominanten) Schulkultur abgewandten Lebensentwürfen (von eigensinniger Aneignung anderer Religionen und Kulturen bis zur Orientierung auf Sport- oder Social Media Laufbahnen). Unsere Forschung legt das Augenmerk auf Eigensinnigkeit und Agency junger Menschen und betrachtet sie nie ausschliesslich als Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse.

 

Ethnografie und Statistik

Unser Projekt beruht auf der Verbindung zweier Forschungszugänge:

Die ethnografische Perspektive exploriert die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen im Quartier und ggf. in der Stadt (Spiel- und Sportplätze, Orte zum Chillen und Rumhängen, Jugendtreffs, Schulareale, erste Ausgangslokale, verborgene und verbotene Orte, etc.). Der Fokus liegt auf Praktiken der Raumaneignung und Identitätsbildung. Die Blickrichtung geht vom Quartier in Richtung Schule: Wann, wie und warum kommt ausserhalb der Schulzeit die Schule wieder ins Spiel? Inwiefern ist die Schule im Quartier präsent?

Die statistische Perspektive legt den Fokus auf gesellschaftliche Strukturen der Ungleichheit und Differenz. Die Blickrichtung geht von der Schule in Richtung Quartier. Ausgangspunkt sind Bildungsstatistiken (insbesondere die Schulhausstatistik). Diese werden in Verbindung gesetzt mit weiteren Statistiken (insbesondere: Integrationsindikatoren und Statistik der Wohnviertel). Auf diese Weise können Erkenntnisse gewonnen werden zur Frage, inwiefern das Quartier in der Schule präsent ist.

Keine der beiden Forschungsperspektiven erhält ein erkenntnistheoretisches Primat. Beide sollen sich bereichern und gegenseitig hinterfragen und überprüfen.

 

Patchwork Ethnography und Citizen Science

Wir verfolgen einen kritischen, realistischen und pragmatischen Ansatz, der die kanonischen Oppositionen der traditionellen andro- und eurozentrischen Forschungspraxis hinterfragt.

Patchwork Ethnography: Die Forschung ist nicht strikt getrennt vom privaten Alltag, das Feld liegt direkt vor der Haustüre. Ein längerer Forschungsaufenthalt ist weder möglich noch erforderlich, um das postmigrantische Aufwachsen in Basel zu untersuchen. Wir 3 wohnen in der Stadt und haben Kinder, die hier aufwachsen. Wir setzen bei unseren Alltagsbeobachtungen an und nutzen diese als Anhaltspunkte für die Forschung. Wir laden Mitarbeiter:innen und Studierenden ein, dasselbe zu tun.

Citizen Science: Unsere Forschung findet nicht im Elfenbeinturm statt, sondern in Kooperation mit unterschiedlichen Akteur:innen. Wir nehmen Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien und Bezugspersonen als Expert:innen ihrer Alltags- und/oder Arbeitswelt ernst. Wir suchen die Zusammenarbeit insbesondere mit Schlüsselpersonen aus Quartier- und Freizeitorganisationen; Lehrpersonen aus der Primarschule (inkl. Kindergarten, Kitas, Spielgruppen etc.); Mitarbeitende des Statistischen Amtes und städtischer Verwaltungsabteilungen. Wir spielen Ergebnisse unserer Forschung zurück zum Beispiel durch Veranstaltungen im Quartier, Workshops in der Schule, Interviews in Zeitungen oder Beiträge auf Online-Plattformen, Veröffentlichungen für ein breites Publikum etc.

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Intimacy, Im/Mobility, and Belonging across Africa and Europe

Research Project  | 5 Project Members

Over the last three decades, the number of people moving within and across borders has grown spectacularly, as have concerns over the permeability of cultures, regions, or nations. Intimacy has become a salient “engine of mobility”. As people migrate in search for ways to establish and regenerate familial and affective attachments – and to detach themselves from others – intimacy sets bodies in motion in unexpected ways. In Kenya, queer people arriving from across East Africa invoke being violently targeted for their sexuality to claim asylum in Western European countries. In Madagascar, meanwhile, young women seek marriages with French men to imagine a better future abroad. But, if intimacy drives mobility, it is now also a central moral criterion for crafting belonging and exclusion. Indeed, just what kinds of intimate beings we are turning out to be ever more decisive to our encompassment in kinship, citizenship, and governance. In the U.K., young gay men arriving from Africa encounter systems of racialization that produce their Blackness, not least through erotic desires and encounters. Intimacy becomes thus also an evocative means and motive of separation, immobility, and loneliness. In Ghana, as the young leave rural areas in search of livelihoods, the elderly come to live intimately with their absence-an absence generative of new affective and material relations.

Examining the conditions of possibility and social outcomes of new intersections of intimacy, mobility, and belonging, this project addresses the following question: How do emerging intimacies drive the intensification of mobility, and what kinds of intimate arrangements, attachments, and arrestments does movement generate? Anchored in ethnographic research along the geopolitical axis Africa-Europe, we think of the nexus intimacy–im/mobility–belonging as a “triad” – that is, a salient grid of the political economy of late capitalism that shapes social worlds in ways that require careful examination.


The anthropological literatures on intimacy; migration and mobility; and belonging and citizenship have overlapped only minimally. To the extent that anthropologists have discussed, for example, “intimate mobilities”, they have deployed these terms to refer narrowly to sexuality and migration. By contrast, this project sets out to think of (i) intimacy as also entailing kinship, affect, and the contemporary political discourses that center personal and domestic life; (ii) mobility as entangling migration in myriad intersecting forms of movement but also immobility or sedentarism; and (iii) belonging as negotiated through the regulation of intimate mobilities.


Thinking thus of “intimate im/mobilities” involves an effort to decenter these terms precisely in order to better understand the historical centrality of the triad intimacy–im/mobility–belonging in the present. This project involves in-depth ethnographic research on four focal points – from village to the city, from forays abroad to intermittent returns – that, together, mirror different stages of migration. Distributed across Ghana, Kenya, Madagascar, and the U.K., these focal points tell a shared story about how intersections of intimacy, mobility, and belonging generate new struggles over money, wealth, and worth; gender, bodies, and personhood; age, generation, and care; and ritual, religion, and reproduction. They also capture a fuller range of mobile and non-mobile actors in their engagements with intimacy, both along South-South and South-North axes.


This project’s goals are to (i) understand how the triad intimacy-im/mobility-belonging manifests on a global scale; (ii) capture differences and similarities between its unfoldings in these different sites; and (iii) assess its particularities along the geopolitical axis Africa-Europe.

The project is funded by the Swiss National Science Foundation (grant number 220043), hosted by the Institute of Social Anthropology at the University of Basel.

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Urban Waterworlds: Dialogues on Urban Flooding, Climate Justice and the Future of Water in the City

Research Project  | 2 Project Members

In times of global climate crisis, cities are under increasing pressure to face major environmental challenges, such as urban flooding. This communication project explores the relationship between urban water and futurity by dialoguing on practices and imaginations of urban waterworlds with and amongst urban youth in Switzerland (Basel and Lausanne) and Colombia (Cartagena de Indias). By fostering dialogue with urban youth beyond North-South divide on their experiences and imaginaries of Urban Waterworlds in relation to climate change, we draw on strollology in order to develop collective walks centred on Urban Waterworlds in three cities of the Global North and South. This project has three main objectives: 1) encouraging youth in the Swiss cities of Basel and Lausanne, and Cartagena de Indias, Colombia to be aware of Urban Waterworlds and to reflect on their own representations of how cities are imagined in anticipation of future climate events; 2) bringing in conversation urban youth from the Global North and South to encourage a sustainable and decolonial dialogue helping reduce North-South stereotypes on urban environmental futures; 3) provide youth-driven reflections on how to achieve greater levels of climate justice in an urban age.

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Inherited Futures? Objects, Time, Knowledge

Research Project  | 5 Project Members

The interdisciplinary project Inherited Futures? Objects, Time, Knowledge investigates inheritance as a process of passing down objects to reproduce collectives and institutions into the future. It does so against the backdrop of an historical paradox: between growing investments in inheritance predicated on liberal conceptions of political subjecthood, genealogical continuity, and durable attachments to land, territory, and identity on the one hand, and an increasing sense of futures displaced and threatened by climate change, technological transformation, the fragility of the global political order, and large-scale migration on the other hand. The project draws on rich anthropological and historical studies of inheritance as a social practice, and the norms, institutions and values that shape the transmission of property, resources, rights, and obligations across generations. Likewise, it builds on how anthropologists and historians have attended to the ways in which individuals and societies orient themselves towards, desire and imagine futures, and explained under which conditions the making of futures is put into question, suspended, or undermined. Consolidating these perspectives, the project ties inheriting and futuring together, and turns towards the problem of time and temporality by way of understanding struggles over inherited things as struggles over epochal ruptures, moments of crisis, (re)orientation in space and time, and being and becoming. Our concern with these dynamics informs the project’s main research interest, methods, and outcomes. The research foregrounds objects, understood as knots of social practice and social knowledge, in order to shed light on the complexities of ‘inherited futures’ across social terrains, temporalities, cultural imaginaries, epistemologies, scales of inquiry and affective economies. The studies proposed illuminate multiple ways of paying attention to things - highlighting the social life of objects and their embeddedness in social relations and practice, and acknowledging the ways in which individuals and societies care for, reconstitute, and reimagine what they inherit. Grounded in ethnographic and archival research in Africa, Latin America and Eastern Europe, and negotiating approaches from anthropology, history and African Studies, the project pursues a strategy of thinking across disciplinary, epistemological, historical, and cultural spaces to decenter established modes of knowledge production and interrogate inherited paradigms of regional boundedness in order to attend to the shifting material grounds of subjectivity, belonging and historical imagination.


The project is funded by the Swiss National Science Foundation (grant number 219800), hosted by the Center for African Studies at the University of Basel.