The nature of the historical relationship between Africa and Europe, and the consequences of these two continents’ long-standing entanglement, has in recent years been the subject of fierce scientific and public debate. Those who advocate the ‘decolonisation’ of institutions, epistemologies, and subjectivities reference the racialised inequalities in wealth and power produced by the transatlantic slave trade and by colonial conquest. But these debates have, to date, overlooked a key and much more recent historical moment: the European scramble for African resources after the Second World War. Instead, established scholarship on the late-colonial era is preoccupied with European-directed development initiatives, the dissolution of empire, and the attainment of African independence. Narratives of European postwar reconstruction, meanwhile, pay no attention to the imperial angle.
Inspired by global history approaches, this project will connect the historiographies of late-colonial Africa and postwar Europe to provide the first comprehensive account of the role of African resources in the reconstruction of Europe after WWII. The project’s key innovative move is its broad conceptualisation of resource extraction. It will investigate the extraction of financial and material, but also human and intellectual resources from the African territories ruled by Britain and France, the two main imperial powers at the time, in the period 1945 to 1951. This will be examined through a series of case studies focusing on the role of African commodities and reserves in European economic reconstruction (financial resources); the role of African minerals and materials in the physical reconstruction of European cities, industry and infrastructure (material resources); the role of colonial labour in strategic European industries (human resources); and the role of African knowledge production in the postwar recovery of European societies (intellectual resources). Despite their different foci, the case studies are bound together through their common focus on issues of coloniality and processes of transfer.
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Die Art der historischen Beziehungen zwischen Afrika und Europa und die Folgen der langjährigen Verflechtung der beiden Kontinente sind in den letzten Jahren Gegenstand heftiger wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten gewesen. Die Befürworter einer "Entkolonialisierung" von Institutionen, Epistemologien und Subjektivitäten verweisen auf die durch den transatlantischen Sklavenhandel und die koloniale Eroberung entstandenen rassifizierten Ungleichheiten in Bezug auf Wohlstand und Macht. Diese Debatten haben jedoch bisher einen wichtigen und viel jüngeren historischen Moment übersehen: die europäische Nachfrage nach den Ressourcen Afrikas nach dem Zweiten Weltkrieg. Stattdessen befasst sich die etablierte Forschung zur spätkolonialen Ära mit europäisch gelenkten Entwicklungsinitiativen, der Auflösung der Kolonialreiche und der Erlangung der Unabhängigkeit afrikanischer Staaten. Narrative über den europäischen Wiederaufbau in der Nachkriegszeit wiederrum schenken dem imperialen Blickwinkel keine Beachtung.
Inspiriert von Ansätzen der Globalgeschichte wird dieses Projekt die Historiographien des spätkolonialen Afrikas und des Nachkriegseuropas miteinander verbinden, um die Rolle afrikanischer Ressourcen beim Wiederaufbau Europas nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals umfassend darzustellen. Die wichtigste Neuerung des Projekts besteht in der umfassenden Konzeptualisierung von Ressourcengewinnung. Es wird die Extraktion finanzieller und materieller, aber auch menschlicher und intellektueller Ressourcen aus jenen afrikanischen Territorien untersuchen, die zwischen 1945 und 1951 von den beiden wichtigsten imperialen Mächten jener Zeit, Großbritannien und Frankreich, beherrscht wurden. Diese Analyse wird anhand einer Reihe von Fallstudien vorgenommen, die sich auf die Rolle afrikanischer Rohstoffe und Reserven beim wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas (finanzielle Ressourcen), die Rolle afrikanischer Mineralien und Materialien beim physischen Wiederaufbau europäischer Städte, Industrie und Infrastruktur (materielle Ressourcen), die Rolle kolonialer Arbeitskräfte in strategischen europäischen Industrien (Humanressourcen) und die Rolle afrikanischer Wissensproduktion beim Wiederaufbau europäischer Gesellschaften nach dem Krieg (intellektuelle Ressourcen) konzentrieren. Trotz ihrer unterschiedlichen Schwerpunkte sind die Fallstudien durch ihren gemeinsamen Fokus auf Fragen der Kolonialität und Transferprozesse miteinander verbunden.