Milo Probst' Projekt untersucht ökofeministische Politik in Italien und Westdeutschland zwischen circa 1975 und 1995 aus der Perspektive einer transnationalen und vergleichenden Bewegungsgeschichte. Es schliesst eine Forschungslücke in der Geschichte der Umwelt- und Frauenbewegung, indem es noch unbeachtete Quellenbestände auswertet und dem bisher dominierenden text- und theoriefokussierten Blick auf die Geschichte der Ökofeminismen eine Analyse ökofeministischer Praktiken an die Seite stellt. Im Fokus steht keine vermeintlich einheitliche Theorie, deren Aufstieg und Niedergang linear nacherzählt wird. Das Ziel besteht vielmehr darin, mit Hilfe von umwelt- und geschlechterhistorischen Ansätzen sowie Methoden aus der Historischen Anthropologie konkrete ökofeministische Schauplätze zu analysieren, die als geografisch und sozial situierte Räume der Artikulation verstanden werden. Es wird gefragt, wie von den Akteurinnen Problemzusammenhänge hergestellt, Analysen und Praktiken verknüpft sowie transnationale Bezugsrahmen abgesteckt wurden. Auf diese Weise soll herausgearbeitet werden, dass es sich bei den Ökofeminismen um heterogene und teils konfligierende Bewegungen und Analysen handelte.
Über den konkreten Gegenstand hinaus leistet dieses Projekt erstens einen Beitrag zur Geschichte der Frauen- und Umweltbewegung, da es die ökofeministischen Positionen zu feministischen und ökologischen Streitpunkten mithilfe von umwelt- und geschlechtergeschichtlichen Ansätzen historisiert. Zweitens versteht sich dieses Projekt als Beitrag zu einer historisch-anthropologischen Erforschung von modernen Emanzipationsbewegungen, welche die spezifischen Modalitäten des In-Beziehung-Setzens von Menschen und Nicht-Menschen beleuchtet und dadurch homogenisierende Erzählungen über den westlichen Dualismus von Natur und Kultur problematisiert.