Das Logikverständnis bei Magnus Hundt. Eine Untersuchung zum Thomismus am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit
Research Project
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01.04.2020
- 31.03.2024
Das Projekt setzt sich zum Ziel, das Logikverständnis bei Magnus Hundt (1449-1519), einem wirkmächtigen Thomisten des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit zu untersuchen. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht das 1493 erstmals veröffentlichte Compendium totius logicae - eine ausführliche Kommentierung des Parvulus antiquorum, die er als Magister in Leipzig für den Logikunterricht verfasst hat. Das Werk zeichnet sich nicht nur durch seinen erheblichen Umfang, sondern auch durch seine bemerkenswerten Inhalte aus. Mit seiner Art des Thomismus stiess Hundt offensichtlich auf grosses Interesse: Das Compendium wurde bis 1517 neunmal neu aufgelegt. Seine Bedeutung entging der Forschung bisher jedoch weitgehend. Die Schrift wird selten genannt und inhaltliche Untersuchungen fehlen gänzlich. Die negativen Urteile der Humanisten über die Spätscholastik hielten die Forscher offenbar lange Zeit zurück.Inzwischen haben sich die Bedingungen grundsätzlich geändert. Der hohe Wert der mittelalterlichen Logik ist mittlerweile anerkannt, jedoch hat sich die Forschung beim Erarbeiten eines zusammenhängenden Verständnisses erst bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts vorgearbeitet. Die Zeit danach ist nur in Umrissen bekannt und ihre Erforschung ein Desiderat. Ähnliches gilt für den Thomismus. Erst in letzter Zeit hat sich ein Verständnis für die Vielfalt der Positionen innerhalb dieser Tradition durchgesetzt, allerdings ist das Bild für das späte Mittelalter - vor allem für Universitäten wie Leipzig, die auch eine starke humanistische Ausrichtung hatten - noch weitgehend unklar.Das Projekt geht auf beide Desiderate ein. Es mündet in drei Studien, einer Monographie und einem Tagungsband zum Logikverständnis eines einflussreichen Scholastikers des fünfzehnten Jahrhunderts, die zugleich auch Analysen von in damaligen thomistischen Kreisen kontrovers behandelten Themen liefern. Die Auswahl dieser Themen ist durch die Frage nach dem Logikverständnis bestimmt. Im Mittelpunkt stehen die Fragen nach der Natur, dem Nutzen und dem Gegenstand der Logik, dem ontologischen Status von Begriffen sowie dem Bezug zwischen Begriff und Gegenstand. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Compendium, jedoch werden auch andere Werke herangezogen, insbesondere das Anthropologium, in dem Hundt ein Menschenbild entwickelt, das seine Auffassung von der Logik begründet. Diese Themen werden historisch-systematisch erforscht, wie dies in der gegenwärtigen mediävistischen Philosophie üblich ist.Die Untersuchung wird getragen von der Hypothese, dass die Logik Hundt zufolge als 'meta-Physik' gedeutet werden muss. Der Mensch braucht die Logik, um sein durch den Sündenfall getrübtes Denken neu auszurichten. Sie deckt die metaphysische Struktur auf, die hinter der empirisch erfahrbaren Wirklichkeit verborgen liegt. Das Compendium verabschiedet sich so von der gängigen scholastischen Auffassung, dass die Logik ein abstraktes Instrument des Denkens sei, sucht neue Wege und kündigt damit ein inhaltsbezogenes Logikverständnis an, wie es zum Beispiel später von Hegel in seiner Verbindung von Logik und Metaphysik verteidigt wurde. Es bezeugt die bislang unterschätzte kreative Dynamik des Thomismus am Vorabend der Neuzeit und soll daher näher untersucht werden.
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Das Logikverständnis bei Magnus Hundt. Eine Untersuchung zum Thomismus am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit