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Von der "internationalen Drogenmafia" zum "ausländischen Dealer". Die Geschichte eines Schattenarbeitsmarktes in der Schweiz, 1960-2010

Research Project
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01.10.2017
 - 30.06.2018
Um eine Geschichte der Drogenthematik in der Schweiz zu schreiben, müssen zweifellos Prozesse seit dem 19. Jahrhundert berücksichtigt werden. Doch zu einem gesellschaftlichen Brennpunkt wurden Drogen nicht vor den 1960er Jahren; nun erst etablierte sich überhaupt der Begriff der Drogenpolitik. Während bisher die Produktion und der Handel im Zentrum der Debatten gestanden hatten, stellten die 1961 verabschiedete »Single Convention« der UNO und das in der Folge revidierte schweizerische Betäubungsmittelgesetz nun auch den Konsum unter Strafe. Mit sozialmedizinischen und therapeutischen Massnahmen rief das Gesetz insbesondere die Subjekte dieses Konsums an. Gespiegelt wurde dieser Prozess in zeitgenössischen psychopharmakologischen Debatten, vor allem aber in der Aufwertung des Drogenkonsums als Selbsttechnik um und nach »1968«. Damit war jene Leitdifferenz von polizeilich-strafrechtlich verfolgtem (Groß-)Handel einerseits und therapeutisch-repressiv (und später durch die sogenannte Vier-Säulen-Politik) reguliertem Konsum andererseits etabliert, die nicht nur die Drogenpolitik der letzten 50 Jahre strukturierte, sondern auch die Forschung. Vor allem wurde dem Konsum und den Konsumierenden eine ungleich größere Aufmerksamkeit geschenkt als der Angebotsseite und den produzierenden beziehungsweise handelnden Subjekten. Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des Projekts untersucht werden, wie sich die drogenpolitische Leitdifferenz auf der Seite des Handels (insbesondere mit Heroin und Kokain) auswirkte und wie sie dadurch selbst stabilisiert wurde. Insbesondere wird danach gefragt, wie genau in diesem Feld in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein zunehmend globaler Arbeitsmarkt mit spezifischen AkteurInnen und Formen der Regulierung etabliert wurde, dessen Konturen eng mit den sich wandelnden Migrationsregimen verschränkt waren.
Funding
Anschubfinanzierung Projekt »Drogenhandel als Lebensunterhalt«
Schweizerisches Sozialarchiv/Forschung "Ellen Rifkin Hill", 12.2018-11.2019 (12)
PI : Bänziger, Peter-Paul.

Publications
Bänziger, Peter-Paul (2021) ‘Im Schatten des Arbeitsmarkts: Drogenhandel als Lebensunterhalt seit dem späten 18. Jahrhundert’, in Albert, Gleb; Siemens, Daniel; Wolff, Frank (ed.) Entbehrung und Erfüllung: Praktiken von Arbeit, Körper und Konsum in der Geschichte moderner Gesellschaften. Bonn: J.H.W. Dietz Nachf. (Entbehrung und Erfüllung: Praktiken von Arbeit, Körper und Konsum in der Geschichte moderner Gesellschaften), pp. 241–255.

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Peter-Paul Bänziger
Principal Investigator