Südslavische Romantiken geopoetisch. Imperiale Spuren in der Entdeckung des Nationalen.
Research Project
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01.05.2016
- 30.04.2017
Das Forschungsprojekt geht davon aus, dass der imperiale Kontext in seinen politischen und kulturellen Dimensionen, wie er den südslavischen Raum über Jahrhunderte prägte, auch für die Identitäts- und Gemeinschaftsentwürfe aus der Zeit der 'Entdeckung des Nationalen' von grosser Bedeutung ist. In einer Periode, die bis heute hauptsächlich als Anfang der nationalen Bewegungen rezipiert wird, prägen die imperialen (osmanischen, österreich-ungarischen u.ä.) Makrostrukturen den südslavischen Raum mehr als üblicherweise angenommen. Insbesondere die Literatur in ihrer Fähigkeit, Uneindeutiges, Überschriebenes und Überlagertes mitzutransportieren, kann zeigen, wie sich der imperiale Kontext vielschichtig und teilweise gar widersprüchlich in den mental maps, den narrativen Konstruktionen von Eigen- und Fremdräumen, von Zentren und Peripherien, von Grenz- und Kommunikationsräumen und von pluralen Identitäten niederschlägt. Mit dieser Grundannahme und mit den Methoden der Neueren Imperiumsforschung, der transnationalen Kulturwissenschaft und der literaturwissenschaftlichen Raumforschung im Gepäck nähert sich das Projekt der südslavischen Romantik (ca. 1830-1880), um in vergleichenden Perspektiven auf die verschiedenen 'Nationalliteraturen' (wenn man sie damals schon als solche bezeichnen kann) die Bedeutung und die Figurationen identitätsbildender imperialer Raumpraktiken aufzuzeigen. Das konkrete Untersuchungsmaterial bildet dabei erstens eine repräsentative Auswahl an kanonischen literarischen und sprachpolitischen Texten aus der Zeit der Romantik, sowie zweitens die einschlägige (v.a. südslavische) literaturwissenschaftliche Literatur über die Periode der Romantik. Ein so erfasstes Panorama über die Zeit ist im Stande, die Pluralität nicht nur der damals existierenden mentalen Karten aufzuzeigen, sondern auch ihre vielfältigen möglichen Rezeptionsfiguren bis in die heutige Zeit zu thematisieren. In letzter Konsequenz erarbeitet das Projekt damit Vorschläge, wie eine transnationale Literaturgeschichtsschreibung vor dem imperialen Hintergrund die Periode der (südslavischen) Romantik über nationale Grenzen hinweg in ihrer Pluralität erfassen kann.