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Digitale Materialität

Research Project
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01.11.2013
 - 31.10.2016

Lead Die Kunstgeschichte war als Fach in Forschung und Lehre schon immer auf die verlässliche Dokumentation der untersuchten Objekte angewiesen. Mit der zunehmenden Verbreitung von Computern, der digitalen Bildaufnahme und des Internets hat der weltweit geführte bildgestützte Austausch in der Forschung jedoch eine gänzlich neue Dimension gewonnen. Neben dem wesentlich einfacheren und schnelleren Zugriff auf digitale Bilddaten übertreffen digitale Reproduktionen mittlerweile auch die Qualität der analogen Fotografie. Obschon die digital-fotografische Bildqualität heute über alle Zweifel erhaben ist, stellen Bilder den dreidimensionalen, materiell gebundenen Objektcharakter der Kunstwerke nur in statischer, zweidimensionaler Form dar, was einer erheblich vereinfachten Wiedergabe der Originale entspricht. Insbesondere das Licht spielt aber bei der Beurteilung von Kunstwerken eine wesentliche Rolle. In diesem Projekt wird das Reflexionsverhalten von Mosaiken und frühen Drucken durch aktuelle Verfahren digitalisiert und mit Hilfe von geeigneten mathematischen Modellen auf dem Computer interaktiv dargestellt, um so die kunstwissenschaftliche Auswertbarkeit zu verbessern. Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts Eine visuell kennzeichnende Information für viele kunstwissenschaftliche Analysen ist das Reflexions- oder Glanzverhalten von Oberflächen. Soll das Glanzverhalten von Kunstwerken digital aufgenommen und dargestellt werden, sind besondere Anforderungen notwendig. Folgendes Vorgehen erlaubt die Schaffung geeigneter digitaler "Kopien" der Originalkunstwerke. In einem ersten Schritt wird entweder durch ein direkt auf der Oberfläche platziertes Messgerät oder durch eine sehr grosse Anzahl von fotografischen Aufnahmen, die meist mit einem speziellen Beleuchtungsdom hergestellt werden, das Reflexionsverhalten der Oberfläche gemessen. Solch ein Beleuchtungsdom besitzt eine grosse Anzahl von gleichmässig verteilten Lichtquellen zur systematischen Ausleuchtung der Vorlage. In einem zweiten Schritt wird versucht mit einem Modell - eine mathematische Funktion - die Messwerte möglichst optimal zu beschreiben, um das Reflexionsverhalten digital simulieren zu können. Dieses Modell wird in einer weiteren Stufe "gerendert", das heisst computergrafisch, visualisiert. Dadurch ist es möglich, die Wirkung unterschiedlicher Beleuchtungsrichtungen auf dem Computer interaktiv zu steuern. Die so geschaffenen digitalen Objekte lassen sich zum Beispiel numerisch verbessern oder Alterungseffekte können basierend auf experimentell ermittelten physikalisch-chemischen Modellen virtuell korrigiert werden. Ausserdem bietet die Vernetzung der Objektdaten und ihrer Metainformation eine neue Daten-Basis, um auch komplexere Zusammenhänge zwischen Kunstwerken zu suchen. Zudem ist ein Digitalisat in der Lage, den Zustand eines Originals über die Zeit hinweg zu beschreiben, ohne einer Veränderung unterworfen zu sein. Dies ist eine ideale Voraussetzung, um den Zustand eines Originals zu einem gewissen Zeitpunkt nachhaltig zu dokumentieren. Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext des Forschungsprojekts Für die kunsthistorische Forschung hat die Beteiligung an Entwicklungen im Bereich der digitalen Technologien höchste Priorität. Denn stärker als andere geisteswissenschaftliche Fächer ist die Kunstgeschichte von einem intensiven Umgang mit den materiellen Gegebenheiten der Werke abhängig, die sie erforscht. Bei der kunsthistorischen Analyse der Objekte findet eine Vermittlungsleistung statt, die am Kunstwerk gewonnene Erkenntnisse intellektuell auswertet. Digitale Technologien zur Darstellung und Verbreitung der Forschungsgegenstände und -ergebnisse stellen hierbei einen wichtigen Vorteil dar. Die Möglichkeiten einer digitalen Repräsentation von Kunstwerken wirken dabei ihrerseits erkenntnisfördernd auf den wissenschaftlichen Diskurs zurück. Der zentrale Aspekt in diesem Projekt ist die Schaffung von digitalen Methoden und Werkzeugen, um die Möglichkeiten der Digital- und Computertechnik mit den kunstwissenschaftlichen Anwendungen zu verknüpfen. Der im Projekt verfolgte Ansatz, Kunstwerke technisch präzise und methodisch fundiert digital darzustellen, indem ihre wesensbestimmenden Eigenschaften in einem digitalen Objekt repräsentiert werden, stellt einen erheblichen Mehrwert dar. Ein solches digitales Objekt kann für Forschungszwecke in weitaus vielfältigerer Weise eingesetzt werden, als dies mit dem Kunstwerk selbst je möglich wäre. Anwendungen, wie etwa die Vernetzung mehrerer zusammengehöriger Objekte können neue Zusammenhänge aufzeigen, die mit den analogen Originalen nur selten durchführbar sind. Zudem ist die potentielle Möglichkeit zur Schaffung von öffentlichem Zugang auf solche digitalen Objekte, z. B. durch open data Initiativen, von grosser gesellschaftlicher Relevanz, denn nie zuvor war es möglich für die Forschung genutzte Quellen mit einer so grossen und einfach herbeizuführenden Publikumsnähe zu verbreiten.

Publications

Fornaro, Peter et al. (2016) ‘Neue computerbasierte Verfahren zur Wiedergabe von Kunstwerken’, Rundbrief Fotografie, 23(1), pp. 14–23.

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Peter Fornaro

Principal Investigator
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Barbara Schellewald

Co-Investigator
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Andrea Bianco

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Heidrun Feldmann

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Lothar Schmitt

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