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FV-01 Multitasking, Entscheidungsdezentralisierung und Unternehmenserfolg: Gibt es einen First Mover Advantage?

Research Project
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01.01.2011
 - 31.12.2011

Unternehmen reorganisieren, weil sie sich an bestimmte Umweltsituationen anpassen müssen und um ihre strategischen Entscheidungen adäquat umsetzen zu können. Die übergeordnete Zielsetzung bei implementierten Reorganisationsmassnahmen ist also eine Steigerung des Unternehmenserfolgs bzw. zumindest ein Erhalt des Status Quo. Viele empirische Studien zu diesem Thema ermitteln einen positiven Einfluss von organisatorischen Änderungen auf den Unternehmenserfolg, der zumeist über die betriebliche Produktivität bzw. Arbeitsproduktivität gemessen wird. In diesem Projekt steht jedoch nicht nur die Frage im Vordergrund, ob organisatorische Änderungen, die in Richtung Multitasking und Dezentralisierung von Entscheidungsrechten gehen, den Unternehmenserfolg von Schweizer Unternehmen positiv beeinflussen. Vielmehr soll ermittelt werden, ob der Zeitpunkt der Implementierung im Unternehmen hierbei eine Rolle spielt. Zwei theoretische Überlegungen stehen hierbei zur Disposition. Erstens könnte bei der Frage nach den Erfolgswirkungen von Multitasking und Entscheidungsdezentralisierung ein so genannter First Mover Advantage von entscheidender Bedeutung sein. Nach dieser Hypothese würden Unternehmen, die Multitasking und Entscheidungsdezentralisierung schneller als ihre Konkurrenz eingeführt haben, einen komparativen Wettbewerbsvorteil erzielen. Demnach sollte dann die Implementierung von Multitasking und Dezentralisierungsmassnahmen bei First Mover-Firmen mit einem höheren Unternehmenserfolg einhergehen als bei den Nachzüglern. Zweitens könnte man aber auch umgekehrt argumentieren. Möglicherweise geht es bei der Implementierung organisatorischer Massnahmen gar nicht so sehr um Schnelligkeit. Es wäre durchaus auch denkbar, dass so genannte Late Adopter, d. h. die Firmen, die sich mit der organisatorischen Umgestaltung etwas (mehr) Zeit lassen, hier im Vorteil sind, weil die Qualität der Implementierung bei ihnen höher ausgeprägt ist. Vielleicht ist bei der Einführung von Multitasking und Entscheidungsdezentralisierung weniger der zeitliche Aspekt, sondern vielmehr der qualitative Aspekt entscheidend im Hinblick auf den Unternehmenserfolg. Es existieren also zwei rivalisierende theoretische Überlegungen, die eine empirische Überprüfung zur Aufklärung erfordern. Die Aufklärung dieser Fragestellung ist mit den Daten des Unternehmenspanels der KOF möglich. Wenn die Unternehmen gefragt werden, ob sie Teamarbeit und/oder Job Rotation nutzen, werden sie auch nach dem Zeitpunkt der Einführung der jeweiligen Massnahme gefragt. Vorgegeben sind in jeder Befragungswelle hierfür drei Implementierungsintervalle. Beispielsweise werden die Unternehmen in der Befragungswelle 2005 gefragt, ob die Einführung vor dem Jahr 2000, zwischen 2000 und 2002 oder zwischen 2003 bis 2005 stattgefunden hat. Analog wird auch in der Befragungswelle des Jahres 2000 vorgegangen. Dadurch, dass hier ein relativ zeitnahes Implementierungsintervall und zwei zeitlich etwas weiter zurückliegende Implementierungsintervalle vorgegeben werden, kann in der empirischen Analyse auch der Umstand berücksichtigt werden, dass sich der Unternehmenserfolg eventuell nicht unmittelbar nach der Einführung, sondern erst nach einer gewissen Implementierungsphase einstellen kann. Methodisch bietet es sich für diese Fragestellung an, erweiterte Produktionsfunktionen nach dem Cobb-Douglas-Typ zu schätzen. Als ökonometrisches Schätzverfahren sollen hier nichtparametrische Matching-Schätzer eingesetzt werden, um explizit beobachtbare und unbeobachtbare Unterschiede zwischen den Firmen mit und ohne Teamarbeit bzw. Job Rotation berücksichtigen zu können. Der Matching-Ansatz basiert auf der Schätzung so genannter Propensity Scores. Hiermit kann zunächst allerdings nur für Selektivität kontrolliert werden, die aufgrund beobachtbarer Heterogenität der Firmen zustande kommt (z. B. Betriebsgrösse, Branchenzugehörigkeit). Um nun auch den Einfluss unbeobachtbarer Firmenheterogenität (z. B. Managementqualität) berücksichtigen zu können, kann der Matching-Schätzer mit dem Difference-in-Differences-Schätzer kombiniert werden. Bei diesem Matching-Difference-in-Differences-Schätzansatz (MDiD) werden zunächst Betriebe mit und ohne Teamarbeit bzw. Job Rotation anhand der beobachtbaren Firmencharakteristika gematcht und in einem zweiten Schritt deren Produktivitätsentwicklungen verglichen. Damit ist gewährleistet, dass die erzielten Produktivitätseffekte auch als kausale Effekte interpretiert werden können. Der MDiD-Ansatz erscheint für die vorliegende Fragestellung geradezu ideal, weil hiermit sowohl die Endogenität der jeweiligen organisatorischen Änderung (Teamarbeit, Job Rotation) als auch mögliche Verzerrungen aufgrund unbeobachtbarer Firmencharakteristika berücksichtigt werden können.

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Michael Beckmann

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Dieter Kuhn

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Kathrin Armbruster

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