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Travel in place/travel afar: bürgerliche Interieurs und die materielle Kultur der Mobilität in der Neuzeit

Research Project
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01.01.2021
 - 31.10.2025

Das Habilitationsprojekt sitzt an der Schnittstelle zwischen europäischer Kulturgeschichte, 

material culture studies, Kolonial- und Ausstellungsgeschichte und verknüpft diese separaten Literaturen auf innovative Weise. Das Aufkommen des Tourismus und die Beschleunigung der europäischen kolonialen Expansion ab Mitte des 18. Jahrhunderts förderten eine breite, aber teilweise auch oberflächliche Auseinandersetzung mit fremden Kulturen und Bräuchen. Reisen und Reiseschriftstellerei sowie die zunehmende Einfuhr und Aneignung fremder Artefakte, Stile und Materialien etablierten eine materielle Kultur der Mobilität, die für das Bürgertum in Europa sowie für die kolonialen Eliten in besonderer Weise identitätsstiftend war. Wie dieses Projekt zu zeigen versucht, bewegte sich eine Welt portabler Dinge (vom Zimmerpferd zum Tigerfell und vom Zelt zum Klappaltar) und mit ihnen eine Fülle von Repräsentationen und Assoziationen fluide zwischen den temporären Unterbringungen europäischer Zeitgenossen in Übersee und den bürgerlichen Wohnstuben in München, Glasgow und Paris. Auf der Basis von visuellen Quellen und Objekten aus musealen und privaten Sammlungen, wie Korrespondenzen, Reiseberichten, Notizen, Reiseliteratur, Inventaren, Zeitungsartikeln, Berichten und Begleitpublikationen zu den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts in London, Paris und Chicago, deckt meine Arbeit ein bürgerliches Referenzsystem auf, das gerade in seinen Widersprüchen erhellend ist. Die gesellschaftliche Ablehnung nomadischer Lebensformen, zum Beispiel, fand seine Verkehrung in der Inszenierung ephemerer Zeltstätte innerhalb westlicher Wohnräume und Ausstellungshallen – etwa in Form von Zelt-Räumen, Draperien, der üppigen Verwendung von Fellen und Wand- und Bodenteppichen. Nicht nur Museen und kommerzielle Ausstellungen füllten Räume und Paläste mit Kunsthandwerk und Kuriositäten aus allen Teilen der Welt. Auch Privathaushalte brachten gestohlene Antiquitäten, orientalische Möbel, koloniale Jagd- und Militärtrophäen, Kampagnenmöbel, Teppiche, Zelte und Dekorationsgegenstände in ihre Räume. Was uns diese Objekte über die Selbstwahrnehmung und Repräsentationsweisen westlicher bürgerlicher Gesellschaften im Verlauf der Sattelzeit verraten, ist Gegenstand meines Habilitationsprojekts.

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Meike von Brescius

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