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Extreme Angst und positive Gefühle – Das horror-Paradox in der römischen Antike
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Die modernen Horror-Gattungen (Erzählungen, Filme, Videospiele) basieren auf einem Paradox:[1] Furchteinflössende Szenarien lösen in Rezipient:innen positive Gefühle aus. Unser moderner Begriff «Horror» stammt aus der römischen Antike – doch gab es bereits zu dieser Zeit ein entsprechendes Phänomen? Forschungsarbeiten zur extremen Angst in der Antike konnten traditionelle «Gruselgeschichten» identifizieren[2] bzw. nachweisen, dass horror ein extremes, kurzzeitiges Gefühl beschreibt, das von starken körperlichen Reaktionen begleitet wird (Frösteln, Gänsehaut, Herzklopfen u. Ä.) und mit dem manchmal eine positive Valenz assoziiert wird.[3] Aufbauend auf diesen Erkenntnissen möchte ich der Frage nachgehen, in welchen Situationen horror in der römischen Antike positiv konnotiert wird, ob es sich um eine rein literarisch-ästhetische Emotion handelt,[4] oder ob sie auch im realen Leben aufkommen konnte (z.B. im religiösen Kontext). Ziel meines Projekts ist es, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Begriffen und Theorien der Antike und der Gegenwart zum positiven Horror- bzw. horror-Gefühl aufzuzeigen. Auf der Grundlage eines gattungsüberschreitenden Korpus aus lateinischen Texten bis zum Beginn des Christentums werden die Bedingungen einer positiven Wertung des römischen horror anhand narratologischer und kommunikationswissenschaftlicher Methoden und unter Berücksichtigung der Gender Studies ausgelotet. Parallel dazu werden moderne und antike Theorien zum Horror- bzw. horror-Gefühl verglichen und den antiken Texten gegenübergestellt, in denen dieses Gefühl vorkommt. Mein Projekt wird erstmals eine interdisziplinär einsetzbare Definition des positiven horror-Gefühls in der Antike bieten und sie in der modernen Horror-Forschung verorten, wodurch ein Dialog zwischen den unterschiedlichen Forschungsrichtungen (Emotionsforschung; Forschung zur antiken Horrorliteratur; modernem Horror-Begriff) ermöglicht wird. Dadurch wird die Basis für weitere, insb. interdisziplinäre Untersuchungen gelegt.
[1] Vgl. Noël Carroll, The Philosophy of Horror or Paradoxes of the Heart, New York 1990.
[2] Camilla Asplund Ingemark, Dominic Ingemark, Representations of Fear. Verbalising Emotion in Ancient Roman Folk Narrative, Helsinki 2020.
[3] Aline Estèves, Poétique de l’horreur dans l’épopée et l’historiographie latines, Bordeaux 2020.
[4] Vgl. dazu Noël Carrolls «art-horror» (Carroll 1990, 13).